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Faktenblatt

Sollen Personen mit einer Niederlassungsbewilligung das Wahl- und Stimmrecht erhalten?

Darum geht’s.

Die Schweiz zählt zu den Ländern mit einem hohen Anteil an Einwohner:innen ohne Stimm- und Wahlrecht. Nach Angaben des Bundesamtes für Statistik leben derzeit rund 25% der ständigen Wohnbevölkerung ohne Schweizer Bürgerrecht und damit ohne politische Mitbestimmung auf nationaler Ebene
(Bundesamt für Statistik, 2024). In vielen Kantonen in der Westschweiz und einzelnen Kantonen in der Deutschschweiz gibt es jedoch Regelungen, die es Ausländer:innen erlauben, auf kantonaler Ebene mitzubestimmen. Dies ist der Fall in Genf, Waadt, Freiburg, Neuchâtel, Jura sowie einzelnen Gemeinden der Kantone Graubünden und Appenzell Ausserrhoden. Die Voraussetzungen sind unterschiedlich, aber sie knüpfen meistens an ein Aufenthaltsrecht oder eine Mindestaufenthaltsdauer im Kanton an. Einzig die Kantone Neuchâtel und Jura gewähren Ausländer:innen das Stimm- und Wahlrecht auch auf nationaler Ebene (Ville de Genève, 2023).

 

 

Das sagt die GLP dazu.

Das Strategiepapier für eine moderne Gesellschaft hält die GLP folgendes fest: “Ein Viertel der Bevölkerung kann heute nicht mitbestimmen. Das urliberale Prinzip, dass, wer staatlichen Regeln unterworfen ist, auch die Möglichkeit haben muss, diese zu beeinflussen und mitzubestimmen, ist damit in Frage gestellt.” (GLP Schweiz, 2023). Ziel der Partei ist es, bestehende Hindernisse abzubauen und das Einbürgerungsverfahren an die Realität einer mobilen und diversen Gesellschaft anzupassen. Konkret zum Stimm- und Wahlrecht von Ausländer:innen hat sich die GLP nicht positioniert.

Das Umfrageergebnis.

Für die Grafik und die Top Argumente wurden nur die Antworten der GLP Mitglieder und GLP Sympathisant:innen berücksichtigt. Die Identität der Teilnehmenden sowie deren Mitglieds- oder Sympathisant:innenstatus wurde ausschliesslich anhand der angegebenen Informationen und Namen ermittelt und wurde nicht abschliessend verifiziert.

Sollen Personen mit einer Niederlassungsbewilligung das Stimm – und Wahlrecht erhalten?

Die Frage, ob Ausländer:innen mit einer Niederlassungsbewilligung auf nationaler Ebene automatisch das Stimm- und Wahlrecht erhalten sollen, spaltet die Teilnehmenden der Umfrage. 56 Prozent positionieren sich gegen diese Aussage, weitere 44 Prozent sind für die Ermöglichung politischer Beteiligung für Personen mit C-Ausländerausweis. Auffallend ist, dass bei über der Hälfte der negativ eingestellten Personen, dieser Vorschlag vollkommen klar abzulehnen ist, während sich die pro-Seite stärker über das Zustimmungsfeld verteilt.

Die drei Top Argumente.

Pro-Argumente 

  • Auf kantonaler Ebene haben die Kantone Jura und Neuenburg gute Erfahrungen gemacht mit Stimm- und Wahlrecht passiv (ohne das Recht, sich zur Wahl zu stellen) für Ausländer:innen. (16 Einbeziehungen)
  • Politische Mitbestimmung fördert die Integration. (13 Einbeziehungen)
  • Auf kommunaler Ebene hat die Stadt Genf gute Erfahrungen gemacht mit Stimm- und Wahlrecht  passiv für Ausländer:innen, die seit acht Jahren in der Schweiz leben. (10 Einbeziehungen)

 

Contra-Argumente 

  • Nur Eingebürgerte Schweizer:innen sollen das Stimmrecht haben. (11 Einbeziehungen)
  • Nur Eingebürgerte Schweizer:innen sollen das aktive Wahlrecht haben. (7 Einbeziehungen)
  • Nur Eingebürgerte Schweizer:innen sollen das passive Wahlrecht haben. (6 Einbeziehungen)

 

Das aktive Wahlrecht bezeichnet das Recht, abstimmen und wählen zu gehen. Das passive Wahlrecht bedeutet das Recht, sich selbst zur Wahl aufstellen zu lassen. Da diese Begriffe häufig verwechselt werden – auch in den Argumenten der Umfrage –, ist nicht sicher, ob die Teilnehmenden sich von fehlerhaften Annahmen beeinflussen liessen. Im Sinne der Good Scientific Practice müssen mögliche Verzerrungen in der Datenerhebung berücksichtigt werden. Daher können die aktuellen Ergebnisse für diese Frage nicht als final betrachtet werden.

Darüber müssen wir reden.

  • Welche Form der politischen Beteiligung sollten wir unseren Mitmenschen ermöglichen?
  • Woher kommt die klare Meinung vieler Umfrageteilnemenden gege eine Vergabe des Stimm- und Wahlrechts an niederlassungsbewilligte Personen? Ist es ein “das haben wir schon immer so gemacht” im Bezug auf das Stimm- und Wahlrecht nur für Statsbürger:innen?
  • Wie wirkt sich die Tatsache aus, dass sich die GLP nicht explizit zum Stimm- und Wahlrecht geäussert hat? Könnte dies dazu führen, dass die Teilnehmenden davon ausgehen, die Partei sei mit der aktuellen Handhabe einverstanden und daher eher zum Status quo tendieren?
  • Wie wirkt sich die politische Teilhabe von Nicht-Staatsbürgerinnen in Ländern/Gemeinden aus, welche dies bereits umgesetzt haben („Befürchtungen“ vs. Realität)?

Darüber reden wir – mit dir ✌️

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Wie machen das andere?

Schweizer Ansätze.

  • GLP: Setzt sich für eine Modernisierung des Einbürgerungsverfahrens und faire Spielregeln ein, um die politische Mitbestimmung von langfristig ansässigen Personen zu fördern (GLP Schweiz, 2023).
  • SVP: Betont den Erhalt der Schweizer Staatsbürgerschaft als Voraussetzung für jegliches Stimm- und Wahlrecht und lehnt Lockerungen strikt ab
    (SVP, 2023).
  • SP: Unterstützt progressive Reformen, die sowohl das Einbürgerungsverfahren erleichtern als auch politische Mitbestimmung für Personen mit Niederlassungsbewilligung fördern (SP, 2025).
  • FDP: Positioniert sich für wirtschaftlich orientierte Migration und Einbürgerung, bleibt jedoch skeptisch gegenüber einem Stimmrecht ohne Staatsbürgerschaft (FDP, 2023),(FDP Zürich, 2023).
  • Die Mitte: Verfolgt eine moderate Haltung und sieht in einer erleichterten Einbürgerung einen möglichen Kompromiss, lehnt aber ein Stimmrecht ohne Bürgerrecht ab (Die Mitte, 2023).
  • Grüne: Befürworten umfassende Reformen, um die politische Teilhabe für Migrant:innen auf kommunaler und nationaler Ebene zu stärken
    (Grüne, 2025).

Internationale Ansätze.

  • EU: In EU Ländern erhalten Nicht- Staatsbürger:innen aus der EU nach einer festgelegten Aufenthaltsdauer das kommunale Wahlrecht. Dies hat laut Studien zur Förderung der Integration beigetragen, da politische Partizipation ein Gefühl der Zugehörigkeit schafft (Cyrus & Vogel, 2008),
    (EU, 2025).
  • Kanada: setzt auf ein progressives Einbürgerungsmodell, das die politische Teilhabe von Migrant:innen aktiv fördert. Dabei ist das Engagement in der Gemeinschaft ein zentraler Bestandteil des Einbürgerungsverfahrens
    (Kanada, 2025).