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Faktenblatt

Soll die Schweiz den Familiennachzug strenger handhaben?

Darum geht’s.

In der Schweiz können Schweizer:innen und Ausländer:innen mit einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung ihre engen Familienangehörigen nachkommen lassen. Dabei handelt es sich vor allem um Partner:innen (Ehepartner:in und eingetragene:r Partner:in) und minderjährige Kinder. Je nach Staatszugehörigkeit und Aufenthaltsstatus ist der Familiennachzug ein Recht oder kann beantragt werden. Voraussetzung ist in allen Fällen eine wirtschaftliche Selbständigkeit und eine genügend grosse Wohnung.

Im Jahr 2023 kamen insgesamt ca. 46’000 Personen im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz. Dies machte knapp 4 Prozent der Zuwanderung in jenem Jahr aus (Staatssekretariat für Migration, 2024).

Der Familiennachzug basiert auf dem Grundrecht auf Ehe und Familie, wie es in der Schweizer Bundesverfassung in Art. 14 verankert ist, und dem Recht auf Familienleben im Sinne von Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Fedlex, 2025 und Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, 2021). Das heisst aber nicht, dass eine uneingeschränkte Garantie auf Familiennachzug besteht. Die Schweiz darf das Recht auf Familie einschränken, wenn die Einschränkungen weder willkürlich sind, noch das Familienleben unverhältnismässig oder unzumutbar beeinträchtigen.

Das sagt die GLP dazu.

Die Menschenwürde und die humanitären Grundsätze sind zentral für die grünliberale Migrations- und Asylpolitik.  In den Leitlinien der GLP wird die humanitäre Tradition der Schweiz folgendermassen bekräftigt: “Das Wohl und die Sicherheit verfolgter Menschen müssen geschützt werden.”
(Grünliberale Partei Schweiz, 2014). Konkrete Bezüge zum Familiennachzug findet man in den GLP Positionen nicht.

Das Umfrageergebnis.

Die Identität der Teilnehmenden sowie deren Mitglieds- oder Sympathisant:innenstatus wurde ausschliesslich anhand der angegebenen Informationen und Namen ermittelt und konnte nicht abschliessend verifiziert werden.

Soll die Schweiz den Familiennachzug restriktiver handhaben?

Die Teilnehmenden haben sich bei dieser Frage über die ganze Breite verteilt. Davon befinden sich 60 Prozent auf der rechten Hälfte, was bedeutet, dass sie der Frage zustimmen. Die restlichen 40 Prozent auf der linken Hälfte sind dagegen, dass die Schweiz den Familiennachzug strenger handhabt.

Die drei Top Argumente.

Pro Argumente

  • Es soll Auflagen geben, z. B. wer im Familiennachzug einreist, soll sich sprachlich integrieren und muss sozialhilfeunabhängig sein (v. a. bei vorläufig aufgenommenen Personen) (13 Einbeziehungen).
  • Der Familiennachzug macht über ein Viertel der Zuwanderung aus. Er soll eingeschränkt werden, soweit dies die EMRK zulässt (8 Einbeziehungen).
  • Familienmitglieder, die nachziehen, können Schwierigkeiten bei der Integration haben, besonders wenn sie weder die Sprache beherrschen noch beruflich qualifiziert sind (8 Einbeziehungen).

 

Contra Argumente 

  • Alle Menschen haben das Recht, mit ihrer Familie zusammenzuleben. Dies gilt unabhängig davon, ob sie wegen Arbeit oder aufgrund von Flucht eingereist sind (5 Einbeziehungen).
  • Familiennachzug fördert die Integration von Migrant:innen dank familiärer Stabilität und emotionalem Rückhalt (5 Einbeziehungen).
  • Migrantenfamilien können helfen, den demografischen Wandel abzumildern. Mehr Kinder und jüngere Menschen können langfristig das Rentensystem und den Arbeitsmarkt entlasten (5 Einbeziehungen).

Darüber müssen wir reden.

  • Wie hoch ist der Anteil derjenigen, die den Familiennachzug einschränken möchten?
  • Bedeutet eine erzwungene Trennung für betroffene Familien eine unzumutbare Unmenschlichkeit? Oder kann eine Trennung unter gewissen Bedingungen gerechtfertigt werden?
  • Ist eine weitere Einschränkung des Familiennachzuges zulässig, ohne dass die EMRK verletzt wird?
  • Woran liegt es, dass oft gedacht wird, der Familiennachzug mache einen grossen Teil der Zuwanderung aus (z.B. Top 2 Argument: der Familiennachzug mache einen Viertel aus) aus, wenn es in Wirklichkeit nur einen sehr geringer Anteil der Gesamtzuwanderung betrifft (z.B. 4% im Jahr 2023)?
  • Wie kann die GLP sicherstellen, dass sich solche falsche Annahmen nicht verbreiten unter ihren Mitgliedern und Sympathisierenden?

Darüber reden wir – mit dir ✌️

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Wie machen das andere?

  • Australien: Sehr restriktiv, besonders nach 2013: (UNHCR Australia, n.d.)
    • Nur Ehepartner und minderjährige Kinder haben Anspruch.
    • Hohe bürokratische Hürden und oft lange Wartezeiten.
    • Flüchtlinge, die über illegale Routen kamen (z.B. per Boot), werden vom Familiennachzug ausgeschlossen.
  • Deutschland: Relativ fair für anerkannte Flüchtlinge, restriktiv für andere:
    (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2024)
    (European Union Agency for Asylum, 2024)

    • Anerkannte Flüchtlinge (nach Genfer Konvention): Ehepartner, minderjährige Kinder und in bestimmten Fällen Eltern von unbegleiteten Minderjährigen haben Anspruch auf Familiennachzug.
    • Subsidiär Schutzberechtigte (nicht im Sinne der Genfer Konvention, die aber Schutz benötigen): Seit 2018 begrenztes Kontingent von bis zu 1.000 Personen pro Monat, keine automatische Nachzugsmöglichkeit. Voraussetzung: Lebensunterhaltssicherung.
    • Familiennachzug für anerkannte Flüchtlinge möglich, aber Einkommens- und Wohnraum-Nachweise erforderlich.
    • Subsidiär Schutzberechtigte hatten lange kein Recht auf Familiennachzug, inzwischen teilweise möglich.
  • Kanada: Sehr grosszügiges System mit Fokus auf Resettlement-Programme
    (Canadian Council for Refugees, 2025)

    • Familiennachzug für Ehepartner, Kinder und in Einzelfällen auch weitere Angehörige.
    • Privatsponsoring-Programme ermöglichen Unterstützung durch Gruppen oder Organisationen.